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Klopf..klopf… Es ist Sonntag morgen, kurz nach acht. Du kennst doch sicher den Moment, in dem du die Müdigkeit des Morgens schon überwunden hast, aber noch nicht zur absoluten sexuellen Höchstform aufgelaufen bist.
Zugegeben, der Moment ist recht kurz und du bist schon geil, aber es ist noch nicht der Sex-Selbstläufer.
Meine Kinder schaffen es, genau in diesem Moment an die Tür zu klopfen. Also rausziehen, unter der Decke verstecken und „Ja?“ rufen…
Vor einigen Monaten habe ich mich gefragt: Was wäre eigentlich so schlimm daran, nicht darauf zu reagieren? Und was wäre so schlimm daran, wenn sie reinkämen und sehen würden, was ihre Mutter und ich tun (ich spreche in diesem Fall von allgemein anerkannt „normalem“ Sex)?
Ich kann mir bildlich vorstellen, wie gerade bei vielen Luft zum Dagegendiskutieren geholt wird. Und das ist für mich der zündene Funke gewesen, Theresa einen Gastbeitrag einzureichen.
Ja, wir leben im Jahr 2017. Ja, Sex ist ganz normal und kein Tabu-Thema mehr. Aber trotzdem kann man nicht offen über wichtige Themen sprechen, ohne in eine Ecke, Schublade oder soziale Schicht gesteckt zu werden.
So gesehen war ich schon einiges: Ein Perverser, ein Ehebrecher, ein Nudist, ein Sadist, ein konservatives Mauerblümchen und nun könnte ich sicherlich auch als Pädophiler abgestempelt werden. Aber soll ich euch was sagen? Das bin ich alles nicht! Aber mit wem kann man denn über seine aktuellen Neigungen sprechen ohne abgestempelt zu werden? Ich glücklicherweise mit meiner Frau. Mit manchen Freunden ist das auch möglich, stößt aber schnell an Grenzen, obwohl wir schon stark selektieren. Es darf sich nur Freund schimpfen, wer ein offenes Weltbild und zumindest soviel Reflektionsbereitschaft an den Tag legt, dass auch Vorlieben und Ideen erlaubt sind, die ihm selbst nicht gefallen.
Und wer den Mut aufbringt, auf die Art seine Freunde auszusieben, wird nicht viele übrig behalten. Diese Oberflächlichkeit stellen wir immer wieder bei Leuten fest, die es nicht glauben können, ja nicht wahrhaben wollen, dass wir GLÜCKLICH in einer offenen Ehe leben. Meist wird versucht, meiner Frau zu unterstellen, dass sie damit ja nicht 100% zufrieden sein könne, dass sie damit ein Problem haben müsste. Wenn man dann erwidert, es sei nur Sex, wissen wir schon was an Argumenten angeführt wird: Eifersucht, Besitz und es könne dann ja keine echte Liebe sein.
Wir sind diese Menschen so leid. Wir machen einen Bogen um sie.
Mein ehemaliger bester Freund hat unter anderem die Freundschaft beendet, da er der Meinung war, dass ich mit meiner Freiheit meiner Frau und meiner Familie schaden würde. Ich solle mich doch zu meiner Frau bekennen und aufhören mit anderen Frauen zu schlafen. Mit meiner Frau hat er über das Thema aber nie gesprochen. Ihm war es scheinbar egal, ob sie überhaupt ein Problem damit hat.
Es reicht, dass er mit diesem Weltbild, beziehungsweise Sexbild ein Problem hatte. Das hat er mir nicht einmal ins Gesicht gesagt. Ein Brief war seine Art, Schluss zu machen.
Wenn man schon mit seinen „besten“ Freunden über so normale Themen wie eine offene Ehe nicht sprechen kann, ohne dass sie es besser für einen wissen, wie soll man dann erst heikle Themen, wie das der Sonntagsfrage besprechen?
Aus diesem Grund habe ich über die Sonntagsfrage bisher nur mit meiner Frau gesprochen… und wir verstecken uns weiterhin unter der Bettdecke. Nicht, weil wir Angst hätten unsere Kinder mit dem Anblick von Sex zu schaden, sondern weil uns das Bedürfnis der Kinder wichtig ist und sie nicht das Gefühl haben sollen zu stören.
Und mir wird wieder einmal mehr klar: Sollen mich die Leute doch in irgendwelche Schubläden stecken! Solange meine Frau und ich glücklich mit unserer Sexualität und unserem Leben sind, ist es mir fast egal. Nur ein bisschen leid tun mir diese Menschen – ich glaube, ihnen fehlt der Mut und das Selbstbewustsein, sich selbst in Ihre persönlichen Schubläden zu stecken.
In diesem Sinne – einen sinnlichen Sonntag!
Danke Paul Papa, dir auch – und wie handhabt ihr das, liebe Eltern?
Text: Paul Papa
Titelfoto: Aaron Tsuru (c) Tsurufoto.com
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